Warum Gutscheine keine Problemlöser sind.

Im Zusammenhang mit der Covid19-Krise in 2020 entscheiden sich immer mehr Unternehmer zu Gutscheinlösungen, um Einnahmen in schwachen Zeiten zu generieren.
Aber Gutscheine — zumindest ein bestimmter Teil von Ihnen – bringen nicht die gewünschte Abhilfe.

Gutscheine – – aber welche?

Es gibt verschiedenste Varianten von Gutscheinen. Jedoch lassen sie sich auf 3 Arten zusammenfassen:

  1. Rabattgutschein: Hier wird einem ein Nachlass auf den Kauf gewährt. Dieser kann ein Fest-/Prozentbetrag sein. Auch die beliebten Versandkostenbefreiungen fallen in diese Gruppe.
  2. Zugabegutschein: Wie der Name schon sagt, bekommt man hier eine Zugabe. Oft zu finden bei Kfz-Werkstätten, die auf diese Weise ein Zusatzgeschäft machen wollen. Die Zugabe ist dann am eine Leistung oder ein Produkte gebunden
  3. Wertgutschein: Wertgutscheine (oder auch als Geschenkgutscheine bekannt) werden von Kunden gekauft. Sie berechtigen zum bargeldlosen Bezahlen über den ausgestellten Betrag.

Diese drei Gutscheinarten dienen dazu, dass den Umsatz anzukurbeln. Auch wenn sie vom Prinzip her eine unterschiedliche Ausrichtung haben. So kann man mit dem ersten Ladenhüter abverkaufen, mit dem zweiten auf weitere Produkt-/Leistungsangebot aufmerksam machen und mit dem Dritten neue Kunden ins Geschäft locken lassen. Sie sind also eine verkaufsfördernde Maßnahme im Marketingportfolio.

Eine Ausrichtung als Krisenabwendungsmittel ist nicht vorgesehen. Dennoch versuchen einige diese Marketingmittel gerade hierfür zu verwenden.

Welcher Gutschein zur Krisenabwendung erscheint sinnvoll?

Von den drei Gruppen wäre lediglich einer sinnvoll: der Wertgutschein.

Hier generiert man zunächst einmal Umsatz, ohne dass eine Leistung erbracht wurde. Die wird vom Kunden erst irgendwann in der Zukunft eingefordert. Also hat man jetzt erst einmal einen Geldzufluss.

Hintergedanke bei dem Verkauf dieser Wertgutscheine, welche ja ein Versprechen auf eine künftige Leistungserbringung darstellen, ist dabei, dass man diesen Geldzufluss dazu verwendet, die aktuellen Kosten zu begleichen. Irgendwann, wenn es wirtschaftlich dann wieder in normalen Bahnen läuft, bekommt der Kunde eine Leistung zum zugesagten Wert.

Und dieser Gedankengang ist jedoch der Knackpunkt der Problematik.

Zweckentfremdung als Kredit

Wer den Wertgutschein unter solchen Überlegungen an den Mann bringt, beschafft sich bewusst einen zinsfreien Kredit! Schließlich bekommen Sie jetzt das Geld, welches Sie irgendwann (vielleicht) mit Naturalien zurückzahlen. In diesem Fall ist der „Wertgutschein“ nichts anderes als ein Wechsel.

Wieso? Weil ein Wechsel ein Schuldschein ist, den der Gläubiger jederzeit an einen anderen weitergebe kann, der dann an dessen Stelle eintritt. Dabei kann der Wechsel eine Bargeldfunktion übernehme. Also Person A hat Schulden bei Person B und dokumentiert diese mit einem Wechsel. Person B muss Person C bezahle, hat aber kein Geld, sondern zahlt mit dem Wechsel von A. Nun ist C der Gläubiger von A.
Was anderes passiert mit den Wertgutscheinen nicht. Deswegen werden sie ja in der Regel auch als Geschenkkarte, Wertkarte etc. bezeichnet.

Zinsfrei ist der Kredit, weil Sie in der Zukunft die Leistung erbringen. Sie erbringen zu dem nur eine Leistung bis zu dem auf dem Gutschein ausgewiesenen Betrag. Der Wert wird nicht jährlich um einen Zinsbetrag erhöht, wie es bei Bankkrediten üblich ist. Im Gegenteil liefern Sie eher inflationsbedingt (Preissteigerung) eine geringere Leistung als zum Zeitpunkt des Gutscheinverkaufs erfolgt wäre.

Durch die Zahlung und das Leistungsversprechen werden die Wertgutschein-Inhaber also zu Ihren Gläubigern. Nicht nur hypothetisch. Sondern auch real, sollten Sie – was wir nicht hoffen – in die Insolvenz gehen. In diesem Fall müssten die Gutscheininhaber ihre Forderungen anmelden.
Der einzige Vorteil an der Sache: nur wenige werden das, weil eine Forderungsanmeldung gerade für Privatleute nicht vom Handling her nicht einfach ist. Es handelt sich daher um Kredite, die vermutlich im Insolvenzfall nie aus der Masse beglichen werden müssen.

Buchhalterisch ist jeder Kaufmann (auch Gastwirt etc.) zu einer Buchführung verpflichtet. Hiermit muss er die Handelsgeschäfte und die Vermögenslage nach Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich machen (§238 Abs.1 HGB). Das bedeutet, dass jeder verkaufte Gutschein in den „Büchern stehen“ muss. Also jeder dieser Wertgutscheine muss als Verbindlichkeiten (Schulden) gegenüber Dritten ausgewiesen werden.
Hat man also in der Krisenzeit auf solche „Gutscheinkredite“ zurückgegriffen, läuft man Gefahr, dass diese bei regulären Kreditanträgen wieder auf die Füße fallen.

Bevor Sie also diesen Weg gehen, lassen Sie sich bloß beraten.

Krisenverschleppung

Wir reden hier jetzt absichtlich von Krisenverschleppung. Denn wenn wir das eigentlich passendere Wort „Insolvenzverschleppung“ verwenden würden, müssten wir auf entsprechendes Recht (nicht beratend) eingehen. Und demnach auf strafrechtlich relevante Themen.

Was erreichen wir mit der oben genannten Lösung „Kunde zahlt heute -> wir zahlen unsere Kosten -> Kunde bekommt in der Zukunft die Leistung“?
Das offensichtliche zunächst: Es klimpert in der Kasse und wir können unsere Verbindlichkeiten (Löhne, Miete/Pacht, Steuern etc.) bezahlen. Kurzfristig ist das Problem behoben.

Aber: Was ist in der Zukunft? Das eingenommene Geld der Kunden haben wir für die Begleichung unserer festen Zahlungsverpflichtungen verwendet. Es fehlt nunmehr, um die Leistung gegenüber dem Kunden erbringen zu können. Wenn also die Kunden nach der (Covid19-Lockdown)Krise kommen und das Versprechen einfordern, kann es nicht erfüllt werden, weil dieses vorher eingesammelte Geld nun fehlt, um Lieferanten, Mitarbeiter etc. zu bezahlen.

Man mildert den eigentlichen finanziellen Engpass ab, verlängert aber den kritischen Zustand über die eigentliche Krisenzeit hinaus.

Der ganze Ansatz der „Gutscheinkredite“ ist eine große Gefahr vor den Geschäftsbetrieb. Nur, wenn in der Zeit nach der Krisenzeit mehr zahlenden Kunden kommen, als Gutscheineinlösungen und wenn zur Kostendeckung noch Kapital vorhanden ist, kann er funktionieren. Denn jeder eingelöste Gutschein vermindert zwar die Verbindlichkeiten, aber es kommt kein Geld in die Kasse. Also können die fälligen Rechnungen nicht beglichen werden.

Und damit haben wir wieder den Bogen zur Insolvenzverschleppung. Denn nichts anderes wird durch die Ausgabe von Wertgutscheinen, mit dem Ziel Geld einzusammeln, um gerade fällige Rechnungen zu begleichen, getan.

Fazit

Wer den Weg der „Gutscheinkredite“ geht, sollte vorsichtig sein. Vor allem aber sich sein, das nach dem wirtschaftlichen Tal mehr zahlenden Kunden kommen als Gutscheineinlöser. Auch muss man sich bewusst sein, dass man hiermit das Problem zeitlich verlängert. Man also in der nächsten Zeit nach der Krise trotz Umsatz weniger Gewinn haben wird, denn eingelöste Gutscheine können zu Begleichung von eigenen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten (Nichtkunden) nicht genutzt werden. Diese zurückerhaltene Gutscheine reduzieren zwar die eigenen Verbindlichkeiten, bringen aber kein Geld in die Kasse.

Daher: Lassen Sie die Finger von diesem Lösungsansatz, es sei denn, Sie können sich mehr als sich sein, dass sobald das Geschäft wieder anläuft, genug Kapital vorhanden ist (aber dann hätten Sie diesen Geldbeschaffungsweg nicht nötig) und dass in den ersten Wochen mehr zahlende Kunden kommen, als Gutscheineinlösungen erfolgen.

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